Graf Raymund von Vilana-Perlas

Die Lebensgeschichte des Grafen Raymund von Vilana-Perlas, Marchese von Rialp1

Raymund (Ramond, Raimund) de Vilana-Perlas wurde um 1663 im spanischen Katalonien als Sohn eines kleinadeligen Notars geboren. Er war zunächst als Anwalt in Barcelona tätig und kam während dieser Zeit mit einem Kreis in Berührung, der die Absetzung des Bourbonen-Königs Philipp V. in Katalonien betrieb. Aus diesem Grund geriet er 1704 in Gefangenschaft, aus der er im Oktober 1705 nach dem Einzug des Habsburger-Königs Karl III. (ab 1711 als Römisch-Deutscher Kaiser: Karl VI.) befreit wurde.

Nun begann der rasche Aufstieg von Perlas. Am 2. November 1706 berief Karl III. seinen Günstling zum spanischen Staatssekretär und Protonotar. Später belehnte er ihn auch mit dem Krongut Rialp ("Marchese [auch: "Marques" oder "Marquis"] von Rialp").

Im Jahr 1711 bestieg Karl III. den Römisch-Deutschen Kaiserthron (ab dann Kaiser Karl der VI.) und verließ daher Spanien. Perlas blieb zunächst als Vertrauensmann der Königin Elisabeth Christine, die nun bevollmächtigte Regentin in Spanien war, in seinem Heimatland.

Erst im Jahr 1713 folgte er Kaiser Karl VI. nach Wien. Am 29. Dezember 1713 wurde Perlas alleiniger Staatssekretär für die spanischen Königreiche und erhielt ein Jahresgehalt von 8000 Gulden zuzüglich weiterer Nebeneinkommen. Am 8. Jänner 1714 erhielt er außerdem die Ernennung zum Rat im „Höchsten Spanischen Rat“. Als wahrscheinlich wichtigster Vertrauensmann Karls VI. übte Perlas ungeheuren Einfluss aus und hatte großes politisches Gewicht. Gemeinsam mit dem Obersten Hofkanzler, Philipp Ludwig Graf von Sinzendorf, leitete er nahezu 25 Jahre die Österreichische Außenpolitik. Er wohnte während dieser Zeit im sogenannten „Corbellischen Haus“ (heute: Wien 1., Johannesgasse 7).

Vermutlich um 1722 erwarb er den „Waffenhof“ in Biedermannsdorf und ließ anschließend eine neue Kirche und ein Schloss („Perlashof“) erbauen. Es ist anzunehmen, dass er den Biedermannsdorfer Besitz aufgrund seiner Nähe zur kaiserlichen Sommerresidenz Laxenburg erwarb. So konnte er sich auch hier im Umkreis von Kaiser Karl VI. aufhalten. Weiters erstand er 1733 auch die Herrschaft Paasdorf im nördlichen Niederösterreich, wo er 1740 das dortige Schloss neu erbauen ließ.

In den 1720er Jahren erfolgte auch der adelige Aufstieg von Perlas. Am 9. Oktober 1722 wurde er in den ungarischen Grafenstand aufgenommen, am 5. März in den Reichs- und erbländischen Grafenstand und am 21. Februar 1726 dem Niederösterreichischen Herrenstand einverleibt. Weitere Adelserhebungen erfolgten in Krain, Oberösterreich, Böhmen und Mähren.

Ende der 1730er Jahre scheint sich Perlas aus Altersgründen aus dem politischen Geschehen zurückgezogen zu haben.

Raymund Graf von Vilana-Perlas, Marchese von Rialp, Herr zu Ozail und Brod starb am 5. Juni 1741 an der „Hectica“ (vermutlich Lungenentzündung) in Wien in seiner Behausung unterm Land-Haußen (heute: Wien 1., Herrengasse 13I15) und dürfte in der Familiengruft der Perlas in der Pfarrkirche zu Paasdorf (NÖ) begraben sein. Mit seiner Gattin, Maria Theresia Markgräfin von Sobregas, hatte er insgesamt neun Kinder, vermutlich mit der Generation seiner Urenkel starb das Geschlecht im Mannesstamm allerdings aus.

Charakterisiert wurde Graf Perlas als Mann von hoher geistiger Begabung, großer Klugheit, Arbeitskraft und Geschäftskenntnis, jedoch auch als ehr- und habsüchtig; letztere Eigenschaft ist teilweise in Zweifel zu stellen, bedenkt man seine großen Verdienste um Biedermannsdorf.

Grafen Raymund von Vilana-Perlas, Marchese von Rialp und Biedermannsdorf1

Die Biedermannsdorfer Kirche wurde 1529 bei der Ersten Türkenbelagerung, 1613 durch Brandstiftung und 1683 während der Zweiten Türkenbelagerung völlig zerstört bzw.  niedergebrannt. Der Ort musste sich somit ein halbes Jahrhundert mit einem nur notdürftig instand gesetztem Gotteshaus begnügen. 1727 wurden schließlich die Reste der zerstörten Kirche ganz abgetragen und man begann, eine neue Kirche zu bauen. Auftraggeber, Initiator und Geldgeber für diesen Neubau war Raymund Graf von Vilana-Perlas, Marchese von Rialp. Er spendete 1728 3000 Gulden für den Bau der Kirche, 1733 das Material für den Kirchturm, 1734 800 Gulden für Messgewänder, Fahnen, Baldachin und ein Rauchfass, 1736 sechs Golddukaten für die neue Kanzel, 1738 180 Gulden für eine neue Orgel und 1739 eine Monstranz, einen Kelch und weiteres Messgerät.

Für den Neubau der Kirche konnte Graf Perlas seinen Freund, Baumeister Franz Jankl, der auch Bauführer der Wiener Karlskirche war, gewinnen. Die Einweihung der neuen Kirche nahm am 26. Mai 1728 der Wiener Erzbischof Sigismund Kardinal Graf von Kollonitz vor, der ebenfalls eng mit dem Grafen befreundet war. Als Dank und Anerkennung wurden ab 1734 für Graf Perlas und für andere Wohltäter nach jeder Sonntagsmesse je drei „Ave Maria“ und „Vater unser“ gebetet sowie die „Kirchengasse“ in die heutige „Perlasgasse“ umbenannt.

Das Schloss des Grafen Perlas befand sich zwischen Kirche und Pfarrhof. Dort stand ursprünglich ein Gebäude, das nach seinen Besitzern, den Herren von Waffenberg „Waffenhof“ (nicht zu verwechseln mit „Wasenhof“!) genannt wurde.

Vermutlich 1722 erwarb Perlas das Gut, ließ das alte Gebäude abreißen und im Zuge des Kirchenneubaus ein kleines Schloss (der frühere „Perlashof“) erbauen. Das Schloss war direkt an die Kirche angebaut, sodass der Graf die Kirche betreten konnte, ohne ins Freie gehen zu müssen. Diese Verbindungstür ist an der Ostseite der Kirche im ersten Stock heute noch zu erkennen.

1728 schließlich wurde das Gut durch einen Vergleich mit Karl J. von Waffenberg zum Freihof.

Der „Perlashof“ diente nach diversen Umbauten ab 1882 als Waisenhaus des katholischen Waisenhilfsvereins und wurde seit damals auch „Klein Stephaneum“ (im Gegensatz zum „Groß Stephaneum“, später: „Borromäum“, heute: HLW) genannt. 1893 wurde eine kleine hölzerne Antoniuskapelle neben dem heute noch bestehenden Zufahrtstor errichtet.

1944 musste der „Perlashof“ aufgrund großer Baufälligkeit abgetragen werden. Erhalten blieben nur ein Wirtschaftsgebäude (der heutige „Perlashof“) sowie das Zufahrtstor mit den schmiedeeisernen Torflügeln und der Brunnen.

Im Zuge der Neugestaltung des Kirchenplatzes ist Altbürgermeister Schrattenholzer auf das große Engagement des Grafen Perlas beim Neubau der Biedermannsdorfer Pfarrkirche gestoßen.

Dies war auch der Grund, warum das Wappen des Grafen als Dank und Anerkennung an jener Stelle aufgestellt wurde, an der sich einst der „Perlashof“ befand. Im Rahmen der Eröffnung des Kirchenplatzes am 1. November 1996 wurde besonders auf dieses neu aufgestellte Wappen und auf die Verdienste des Grafen um den Bau der heutigen Pfarrkirche hingewiesen.

Weiters erscheint das Perlas-Wappen im Ehrenring der Marktgemeinde Biedermannsdorf, der an verdiente Bürgerinnen und Bürger verliehen wird. Die Großzügigkeit des Grafen Perlas und die Leistungen, die nur durch ihn möglich waren, sollten auch in Zukunft entsprechend gewürdigt werden.

Das Wappen der Grafen von Vilana-Perlas1

Das Wappen ist einmal geteilt und dreimal gespalten mit einem durch eine gestürzte goldene Spitze in Schwarz und Blau gespaltenen und mit einer heidnischen Krone bekrönten Herzschild, darin drei silberne Kugeln. ln den Feldern eins (links oben) und acht (rechts unten) in Rot ein silberner Zinnenturm auf grünem Dreiberg; in den Feldern zwei und sieben in Gold ein halber schwarzer Doppeladler, aus der Spaltlinie der Brust mit der Initiale „C.VI“; in den Feldern drei und sechs in Gold vier rote Pfähle; in den Feldern vier und fünf in Blau ein goldenes als vierfache Schleife geknüpftes Band. Vier gekrönte Helme: Der erste (v. links) mit drei schwarz-gold-blauen Straußenfedern und einer schwarz-goldenen Heidenkrone, der zweite mit schwarzem Doppeladler mit der Initiale "C.VI" auf der Brust und einer schwarz-goldenen Heidenkrone, der dritte mit dem silbernen Zinnenturm auf grünem Dreiberg und einer blau-silbernen Heidenkrone, der vierte mit drei blau-silber-roten Straußenfedern und einer rot-silbernen Heidenkrone. Als Schildträger: Zwei silberne gelöwte Leoparden. 

Francesco de Paula Ramond Graf Vilana-Perlas de Rialpo (Sohn von Graf Raymund von Vilana-Perlas)1

Francesco de Paula Ramond Graf Vilana-Perlas de Rialpo (alternativ Franz Paul Raimund Graf Vilana-Perlas de Rialpo* 1704; † 12. Februar 1773 in Wien, Habsburgermonarchie) war Präsident der Landesadministration der Kron-  und Kammerdomäne Temescher Banat.

Sein Vater, Don Ramon, war ein spanischer Adliger, der im Spanischen Erbfolgekrieg im Dienst Karls VI. stand und 1713 nach Wien emigrierte. 1724–1727 bekam er an Stelle seiner neapolitanischen  und sizilianischen Lehen Romanuteo und Guinchi die Herrschaftsgüter Brod, Ozail, Grobnik und einige kleinere Güter in Krain und Kroatien verliehen.

1752 löste er Franz Anton Leopold Ponz Freiherr von Engelshofen als Präsident der Landesadministration des Temescher Banats ab. Er hatte dieses Amt von 1752 bis 1768 inne. 1768 wurde er von Karl Ignaz Graf von Clary und Aldringen abgelöst. Perlas übte seine 16-jährige Präsidentschaft der Landesadministration des Temescher Banats unter den Militärpräsidenten Freiherr von Engelshofen, Graf von PueblaGraf von Harrach und Freiherr von Lietzen aus. 1762 wurde Villana-Perlas Erbland-Kuchelmeister in den Grafschaften Görz und Gradiska und 1763 Erbland-Silber-Kämmerer im Herzogtum Steiermark.

Graf Vilana Perlas verstarb im Alter von 69 Jahren in Wien, wo er im Stefansdom beigesetzt wurde. Nach ihm ist der Ort Perlas im Südbanat benannt.

1 Verfasser: Bgm. a. D. Reg. Rat Karl Schrattenholzer. Bei der Literatursuche aus dem Gemeindearchiv unterstützt von Hr. Mag. Christian Fastl.

Quellen und weiterführende Literatur zum Grafen Raymund von Vilana-Perlas, Marchese von Rialp:

Allgemeines Verwaltungsarchiv (Wien), Akten über die Adelserhebung des Grafen Perlas (1725);

A. Arneth, Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen, Wien 1858-1892;

H. Augustin, Biedermannsdorf. Heimat einst und jetzt., Biedermannsdorf 1980;

H. Benedikt, Das Königreich Neapel unter Kaiser Karl VI., WienILeipzig 1927;

Gemeindearchiv Biedermannsdorf, Prothocol: Einer Gantz=Ehrsamben Gemain zu Pittermansdorff 1672-1752 (B1-1);

F. Griselini: Aus dem Versuch einer politischen und natürlichen Geschichte des Temeswarer Banats in Briefen 1716-1778, München 1969;

M. Landau, Geschichte Kaiser Karls VI. als König von Spanien, Stuttgart 1889; Niederösterreichisches Landesarchiv (NÖ-LA), Akten über Einverleibung des Grafen Perlas in den Niederösterreichischen Herrenstand (1726);

R. Zedinger, La Lorraine dans le XVII siècle, Wien 2010;

A. P. Petri, Biographisches Lexikon des Banater Deutschtums, Marquartstein 1992;

M. Porges v. Portheim, Biobibliographischer Zettelkatalog., Mikrofiche-Ausg. Wien 1987;

B. Rill, Karl VI. Habsburg als barocke Großmacht, Graz/ Wien I Köln 1992; 0. Schmid, Marques Rialp und das spanische Staatssekretariat in Wien, in; Historische Blätter, 7 (1937), 52-60;

J. Siebmacher, Die Wappen des Adels in Niederösterreich, ND Neustadt/Aisch 1983 (= J. Siebmacher‘s großes Wappenbuch, 26);

A. Strahammer, Biedenmannsdorfer Heimatkunde, Wien 1924 (NA: Wien 1999);

Wiener Stadt- und Landesarchiv, Totenbeschauprotokoll 1741;

Wienarisches Diarium Nr. 45 v. 7.6.1741, 480;

F. Wolf (Hrsg.), Vierundzwanzig eigenhändige Briefe der Kaiserin [sic] Elisabeth. Gemahlin Kaiser Karls VI. an den Staatssecretär Marques de Rialp., Sonderdruck aus: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Bd. 12, Wien 1854, 111-141.

Quellen und weiterführende Literatur zur Geschichte von Biedermannsdorf:

Bundesdenkmalamt (Hrsg.)Die Kunstdenkmäler Österreichs - Niederösterreich südlich der Donau, in zwei Teilen. Teil 1: A–L. Verlag Berger, Horn 2003 ISBN 3-85028-364-X;

Commons: Denkmalgeschützte Objekte in Biedermannsdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien;

Bundesdenkmalamt, unbewegliche und archäologische Denkmale unter Denkmalschutz. Stand: 21. Juni 2016 (PDF);

K. StiglbauerBiedermannsdorf. Der Wandel eines Bauerndorfes zur Stadtrandgemeinde von Wien. Eigenverlag der Marktgemeinde Biedermannsdorf 2004. ISBN 3-200-00261-1;

H. AugustinBiedermannsdorf - Heimat einst und jetzt. Selbstverlag der Marktgemeinde Biedermannsdorf 1980;

A. StrahammerBiedermannsdorfer Heimatkunde. Österreichischer Schulbücherverlag, Wien 1924. Neuauflage 1999, Selbstverlag der Marktgemeinde Biedermannsdorf;

Hans Bednar, Kim Meyer-CechSüdheide. Das namenlose Wunderland vor den Toren Wiens. Mandelbaum Verlag Wien 2003. ISBN 3-85476-809-0, korrekte ISBN 3-85476-109-0;

Eintrag zu Biedermannsdorf im Austria-Forum (in AEIOU Österreich-Lexikon);

Statistik Austria, Gemeindedaten;

P. Aichinger-Rosenberger, Evelyn Benesch u. a.
Dehio-Handbuch Niederösterreich südlich der Donau, Teil 1 A bis L. Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. Verlag Berger, Horn, Wien 2003. Seiten 270–272. ISBN 3-85028-364-X;

J. und W. GrimmDeutsches Wörterbuch (DWB). Band 1 A–Biermolke. Leipzig 1854;

Stichwort Bieder,
Spalte 1810 Zeile 69. Nachdruck Deutscher Taschenbuch Verlag. München 1991. dtv 5945. ISBN 3-423-05945-1. Gliederung zitiert nach: Der digitale Grimm - Elektronische Ausgabe der Erstbearbeitung. Version 12/04. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main;

Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier in Verbindung mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der WissenschaftenISBN 3-86150-628-9;

D. Talaa, I. HerrmannEine römische Straßenstation in Biedermannsdorf bei Wien. 
Vorbericht, In: Fundort Wien. Berichte zur Archäologie. 6/2003. Hg. vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 7 - Kultur, Stadtarchäologie. Phoibos Verlag Wien. ISSN 1561-4891ISBN 978-3-902086-11-2. Seite 212;