Klimaschutzmanifest unserer Gemeinde 2019

Klimaschutzmanifest unserer Gemeinde

In der Gemeinderatssitzung am 4.12.2019 hat der Gemeinderat folgendes beschlossen: 

Klimaschutzmanifest der Marktgemeinde Biedermannsdorf eingebracht von den Fraktionen der ÖVP-Biedermannsdorf, der SPÖ-Biedermannsdorf und der Grünen Biedermannsdorf zur Gemeinderatssitzung vom 4. Dezember 2019

Präambel

Städte und Gemeinden erfüllen eine wichtige Vorbildfunktion, wenn sie den Energieverbrauch öffentlicher Gebäude reduzieren, die eigenen Bürgerinnen und Bürger zu klimafreundlichem Verhalten motivieren, selbst Ökostrom ernten/beziehen oder öffentlichen Grünraum schützen und erweitern. Die Einflussmöglichkeiten sind auf dieser Ebene am größten, weil das eigene Handeln im Mittelpunkt steht.

Sachverhalt

Bei der Erreichung des globalen Ziels der Kohlendioxid-Reduktion gilt es, alle Potenziale auszuschöpfen.

Auch wenn Biedermannsdorf dazu nur einen geringen Beitrag leistet, sind auch wir zum Handeln aufgerufen. Wenn nicht rechtzeitig eine Trendwende bei den Treibhausgasemissionen eingeleitet wird, sind hunderte Millionen Menschen in Gefahr. Nicht nur in fernen Gegenden, sondern auch in Zentraleuropa und Niederösterreich. Unser Überleben wird nur dann möglich, wenn es uns bei allen vorgeschlagenen Maßnahmen um eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen geht.

Bei allen Maßnahmen muss es daher auch immer um den sozialen Ausgleich gehen.

Klimagerechtigkeit bedeutet daher ganz konkret, dass es eine faire Sozial- und Wirtschaftspolitik braucht, um sich Klimaschutz auch gesellschaftspolitisch leisten zu können. Nur der gesellschaftliche Zusammenhalt kann Basis für eine gelingende Klimapolitik sein.

Die Erklärung dient dazu, alle Kräfte aus Politik und Bevölkerung zu bündeln, um gemeinsam auf allen Ebenen sofortige und entschlossene Anstrengungen zum Klimaschutz zu leisten - hin zu einer lebenswerten Zukunft für alle. Es ist Zeit, zu handeln! Der Mensch hat bereits Klimaveränderungen mit irreversiblen Folgen verursacht. Im Alpenraum beträgt der bereits erfolgte Temperaturanstieg sogar über 2 Grad.

Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren. Österreich als Land mit großem Wohlstand und hohem Energieverbrauch kann und muss mit gutem Beispiel vorangehen. ln Österreich ist die Klimakrise schon heute zu spüren, Bereiche wie zum Beispiel die Landwirtschaft und der Wintertourismus sind direkt von den Folgen betroffen. Biodiversitätsverluste werden beschleunigt, Wetterextreme und Naturkatastrophen treten durch die Klimakrise häufiger und mit größerer Intensität auf. ln den Jahren 2013, 2015 und 2017 gab es in Österreich mehr Hitze- als Verkehrstote. Die vergangenen vier Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Messgeschichte.

Die Klimakrise ist auch ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Menschenrechts-, Artenschutz- und Friedensproblem. Konkretes Handeln jeder/jedes Einzelnen ist wichtig. Allein durch Eigenverantwortung von Einzelpersonen kann jedoch keine Lösung erreicht werden. Daher braucht es jetzt auf kommunaler, Iandes-, nationaler und internationaler Ebene wirksame Maßnahmen, um dieser bereits beginnenden Katastrophe entgegenzuwirken. Die aktuellen Pläne und Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die Erwärmung global bis 2050 auf die angestrebten 1,5 Grad zu begrenzen. Deshalb ist es wichtiger denn je, jetzt zu handeln. Es sollen schlussendlich nur so viel Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen werden, wie praktisch gleichzeitig wieder absorbiert und gebunden werden können. Die Technologien dazu sind vorhanden, die Umstellung wird schließlich nur einen Bruchteil der zu erwartenden Kosten des Klimawandels verursachen.  

Es sollen auf Basis dieses Manifests alle betroffenen Bereiche evaluiert und sachdienliche Maßnahmen erarbeitet werden. Das betrifft insbesondere das Bauwesen (Raumwärme, Strom, Fassaden- und Dachbegrünung, Fernwärme, Dämmung), die Energieversorgung (Ausbau PV-Anlagen, saisonale Solarwärmespeicher), die Mobilität (Energieaufwand, Bodenversiegelung), den Erhalt des Baumbestands und die Müllvermeidung.

Regeln

Auf Grundlage dieses Manifests, insbesondere der nachfolgenden Anträge, werden in weiterer Folge konkrete Maßnahmenkataloge, eindeutige Zuständigkeiten sowie Entscheidungskriterien erarbeitet, um die festgehaltenen Ziele zu erreichen. Die Erarbeitung von Maßnahmen und Vorschlägen für den Gemeinderat werden von den zuständigen Ausschüssen oder vom e5-Team ausgehen. Alle aus dem Klimamanifest resultierenden Bestimmungen unterliegen den geltenden Gesetzen.

Beschluss des Gemeinderates

1. 
Biedermannsdorf war in den vergangenen Jahrzehnten immer ein Vorreiter im Umwelt- und Klimaschutz, erkennt aber, dass auf Grund der weltweiten Klimasituation der CO2-Ausstoß drastisch gesenkt werden muss, um die durch den Menschen hervorgerufene Klimaerwärmung auf 1,5 C zu begrenzen. Daher wird Biedermannsdorf bei allen Beschlüssen des Gemeinderats deren Klimarelevanz berücksichtigen und ausdrücklich anführen. Die Berichte des "IPCC - lntergovernment Panel on Climate Change", des "APCC – Austrian Panel on Climate Change" und Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus dem Klima- und Umweltbereich werden vom Gemeinderat als Orientierung herangezogen. Maßnahmen mit positiver Auswirkung auf die Treibhausgasbilanz werden in der Gemeindepolitik prioritär behandelt. Ein Leitfaden dazu ist in kommenden Arbeitsgruppen auszuarbeiten und laufend anzupassen.

2.       
Die bereits bestehenden budgetwirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz, wie z. B. Förderungen, werden im Budget unter dem Ansatz Klimaschutzbudget ausgewiesen und ab 2021 laufend angepasst. Verwendet werden soll dieses Budget neben eigenen Klimaschutzmaßnahmen zum Beispiel für externe Beratungsleistungen und Förderungen von Klimaschutzmaßnahmen durch die Bevölkerung und Unternehmen.

3.      
Bürgermeister/in, Gemeindevorstand und Gemeinderat, insbesondere aber die zuständigen Ausschüsse, sowie das e5-Team werden laufend Maßnahmen erarbeiten und Gremien zum Beschluss vorlegen, welche den lokalen Ausstoß von Treibhausgasen größtmöglich verringern.

4.       
Bei der Ausarbeitung oder Änderung von Bebauungsvorschriften, Ortsentwicklungs- und Verkehrskonzepten finden - soweit rechtlich möglich (NÖ Raumordnungsgesetz und NÖ Bauordnung u. A.) - die klimarelevanten Aspekte besondere Berücksichtigung (Energiehaushalt, Bodenversiegelung, Fassaden- und Dachflächengestaltung, Anbindung an den Öffentlichen Verkehr etc.).

5.       
Die zuständigen Gemeindeorgane sowie die Ausschüsse arbeiten laufend an der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung mit, um eine breite Unterstützung und gegebenenfalls auch die Mitarbeit aus Bildungseinrichtungen bei umweltrelevanten Projekten zu erreichen.

6.       
Die zuständigen Gemeindeorgane treiben die Erstellung eines Gesamtmobilitätskonzeptes voran mit dem Ziel, Fuß- und Radwege auszubauen und den öffentlichen Verkehr zu fördern und diesbezüglich in Dialog mit umliegenden Gemeinden zu treten. Die Anzahl oberirdischer KFZ-Stellplätze je Wohneinheit soll auf das mögliche Maß reduziert werden. Auf kommunaler Ebene soll das Carsharing-Angebot erweitert werden, um den Stellplatzbedarf zu senken. Carsharing ist - soweit möglich - bei größeren neuen Wohnbauprojekten vorzusehen, um Bodenversiegelung zu mindern und um der Bevölkerung die Möglichkeit zu bieten, nicht auf ein Zweitauto angewiesen zu sein.

7.       
Jede Entfernung von Bäumen im öffentlichen Raum ist durch Neupflanzung mindestens im Verhältnis 1:1 zu ersetzen. Es wird angestrebt durch Bewusstseinsbildung und Anreizsysteme auch im privaten Bereich die Entfernung von Bäumen hintanzuhalten bzw. den adäquaten Ersatz gefällter Bäume zu erreichen.

8.       
Gemeindeeigene Grünflächen werden, so weit als möglich, aufgeforstet. Wo immer möglich, führt die Gemeinde bei eigenen Gebäuden Fassaden- und Dachbegrünungen, Maßnahmen zur Verringerung der Bodenversiegelung bzw. andere klimabegünstigende Maßnahmen wie Photovoltaik durch. Sie unterstützt solche Maßnahmen bei privaten und gewerblich genutzten Bestandsgebäuden.

9.       
Die zuständigen Gemeindeorgane suchen nach Lösungen, die geeignet sind, im eigenen Gemeindegebiet einen Beitrag zur Eindämmung der massiven und weiter zunehmenden Bodenversiegelung zu leisten.

10.    
Alle bestehenden Verordnungen bzw. Maßnahmen in Bezug auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz werden durch die jeweiligen Ausschüsse überprüft und Maßnahmen im Sinne des 1,5 Grad-Ziels, sowie des Umwelt- und Artenschutzes ausgearbeitet.